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Vorschriften schaffen keine Wohnungen

02.03.2023

Einmal mehr ertönt der Ruf nach weiteren Regulierungen. Statt neuer Vorschriften brauchen wir Anreize und Impulse für eine rasche Ausweitung der Wohnbautätigkeit.

Einigkeit herrscht darüber, dass der Wohnungsbau nicht mit dem Bevölkerungswachstum mithält. Zusammen mit anderen Faktoren führt dies zu steigenden Wohnkosten für alle. Personen mit Wohneigentum sind jedoch schneller und direkter von steigenden Wohnkosten wie z. B. Hypothekarzinsen, Inflation, Sanierungsvorschriften oder Energiekosten betroffen. Unter der aktuellen Situation leiden keinesfalls nur die Mieterinnen und Mieter. Und neue Vorschriften schaffen nur neue Probleme und hemmen die dringend notwendige Wohnraumproduktion.

Der HEV Schweiz fordert Anreize und Impulse für eine rasche Ausweitung der Wohnbautätigkeit.

Kein eindeutiger Auf- oder Abwärtstrend bei Neumieten

Der HEV Schweiz hält fest, dass gemäss aktuellen Studien – wie beispielsweise dem Immobilienalmanach 2023 von Fahrländer Partner AG – die Entwicklung von Neumieten keinen eindeutigen Auf- oder Abwärtstrend zeigt. Ausnahmen sind die Region Zürich, wo die Mieten kontinuierlich steigen, und die Region Basel, wo die Mieten kontinuierlich sinken. Von explodierenden Mieten zu sprechen, ist unnötiger Alarmismus. Trotz hoher Nachfrage und sinkender Leerstandsquoten sind die Mieten nicht flächendeckend gestiegen. In vielen Regionen bestehen nach wie vor Überkapazitäten.

Steigende Zinsen treffen Mieter nicht oder nur mit Verzögerung

Hauseigentümer sahen sich seit September 2022 mit steigenden Zinsen konfrontiert. Zinserhöhungen wirken sich viel schneller und direkter auf die Kosten der Eigentümerinnen und Eigentümer aus. Mieterinnen und Mieter hingegen sind bei den Bestandesmieten nur mit Verzögerung von steigenden Zinsen betroffen. Der hypothekarische Referenzzinssatz basiert auf einem volumengewichteten Durchschnittszinssatz der inländischen Hypothekarforderungen, der vierteljährlich bei den Banken erhoben und durch das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) auf ein Viertelprozent gerundet wird. Mieten, die auf diesem basieren, können im Falle einer Erhöhung seitens des BWO entsprechend nach oben angepasst werden. Der hypothekarische Referenzzinssatz für die Mieten wurde seit 2008 nur gesenkt, nie erhöht.

Wachsende Bevölkerung und tiefe Wohnbautätigkeit

Personen mit Wohneigentum haben keinen Einfluss auf die wachsende Kostenentwicklung und sehen sich ebenfalls mit steigenden Kosten für Boden, Bau- und Sanierungsvorhaben konfrontiert. Wir leben in einem Land mit stetig wachsender Bevölkerung, gleichzeitig bewegt sich die Wohnbautätigkeit auf einem sehr tiefen Niveau. Die Wohnraumproduktion ist in der Schweiz durch baurechtliche Vorgaben, Landschaftsschutz, Lärmschutz usw. stark reguliert, das Bauland wird immer teuerer und knapper – keine idealen Voraussetzungen für eine rege Bautätigkeit. Demgegenüber steht eine konstant hohe Nachfrage. Es ist folglich anzunehmen, dass die Leerstandsquote weiter sinken wird. Statt die Bautätigkeit durch eine wachsende Auflagenflut zu hemmen, sollten Anreize und Impulse für eine rasche Ausweitung der Wohnbautätigkeit geschaffen werden. 

Förderung von selbstgenutztem Wohnungs- und Hauseigentum

Gemäss Artikel 108 der Bundesverfassung ist der Bund verpflichtet, den Wohnungsbau sowie den Erwerb von selbstgenutztem Wohnungs- und Hauseigentum zu fördern. Es stellt sich die Frage, wie der Bund seinen verfassungsmässigen Auftrag zur Förderung von selbstgenutztem Wohneigentum wahrnehmen kann. Denn jungen Familien in der Schweiz soll auch in Zukunft der Zugang zu selbstbewohntem Eigentum an zentraler Lage (wo die Arbeitsplätze sind) ermöglicht werden. In den Städten wird der gemeinnützige Miet-Wohnbauträger mit planerischen und finanziellen Massnahmen stark gefördert, das selbstgenutzte Wohneigentum durch die Erstellung von Stockwerkeigentum wird dagegen systematisch aus den Städten verdrängt. Auch der Bund fördert den gemeinnützigen Wohnungsbau massiv. Zu diesem Zweck hat der Bund von 2002 bis 2020 Rahmenkredite für Eventualverpflichtungen in der Wohnraumförderung von insgesamt 5 Milliarden Franken verabschiedet. Für die Jahre 2021 bis 2027 stehen weitere 1,7 Milliarden Franken zur Verfügung. Demgegenüber fehlt eine Wohneigentumsförderung, die Wohneigentum weiteren Bevölkerungsschichten zugänglich macht. Selbstnutzende Wohneigentümer werden zudem mit der einzigartigen Besteuerung eines fiktiven «Eigenmietzinses» für die Nutzung ihres Eigenheims zusätzlich bestraft. Die Wohneigentumsquote sinkt.

Mietrecht sieht schon heute einen gut ausgebauten Mieterschutz vor

National- und Ständerat haben einen Vorstoss für eine regelmässige Überprüfung der erzielten Renditen für Eigentümerinnen und Eigentümer von Mietwohnungen jüngst abgelehnt. Das Mietrecht kennt schon heute mehrere Vorgaben gegen missbräuchliche Mieten und sieht einen gut ausgebauten Mieterschutz vor. Darüber hinaus können Mieter jede Mietzinserhöhung – zum Beispiel infolge wertvermehrender Investitionen – anfechten und prüfen lassen. Das Anfechtungsverfahren bei der Schlichtungsbehörde ist kostenlos. Das Parlament erachtet daher zu Recht, dass Mieter bereits ausreichend gegen Mietzinserhöhungen geschützt sind. 

Der HEV Schweiz fordert pragmatische Lösungen

Weitere Vorschriften und Eingriffe ins Mietrecht lösen das Problem der Kostensteigerungen und des knappen Wohnungsangebotes nicht. Sowohl Mieter als auch Eigentümer sind heute von steigenden Wohnkosten wie Hypothekarzinsen, Inflation, Sanierungsvorschriften oder der Energiekrise betroffen. Der HEV Schweiz setzt sich dafür ein, dass die Wohnbautätigkeit mittelfristig wieder zunehmen kann. Anreize und Impulse für eine rasche Ausweitung der Wohnbautätigkeit, insbesondere in den Städten und in der zentrumsnahen Agglomeration, sind dringend notwendig. Es müssen Massnahmen ergriffen werden, um zu verhindern, dass Einsprache- und jahrelange Verhinderungsmöglichkeiten bei Mietbauten, namentlich durch mietrechtliche Ausnützung von Instanzenzügen, die Bautätigkeit in den Zentren komplett zum Erliegen bringen. Bau- und Lärmvorschriften sollen so formuliert und umgesetzt werden, dass sie keine hemmende Wirkung auf die Wohnbautätigkeit haben. Ersatzneubauten, die eine effizientere Ausnutzung des Bodens mit dem Ziel der Verdichtung bestehender Bauzonen anstreben, sollen gefördert werden. Nur so können auf dem beschränkten Platz mehr Wohnungen gebaut werden, ohne dass die Bauzonen vergrössert werden. Es ist wichtig, dass die Wohnbaupolitik, insbesondere in Zentren, pragmatischer wird und dringend notwendiger neuer Wohnraum nicht durch ideologische Vorgaben verhindert wird.

Monika Sommer lic. iur., eidg. dipl. Immobilientreuhänderin Stellvertretende Direktorin HEV Schweiz

Adrian A.F. Spiess MSc Economics Volkswirtschafter HEV Schweiz